Wer will was im Wald?
PRESSEMITTEILUNG 21. März 2017
Zum Tag des Waldes am 21. März - Wer will was im Wald?
Den ganzen Wert des Waldes erkennen - ein neuer Forschungsansatz, um der gesellschaftlichen Bedeutung von Wald im urbanen Raum besser gerecht zu werden.
Wer aus Bäumen Bretter sägt, kennt den Wert des Waldes. Wer im Wald Bauland schafft, kennt ihn auch. Wie aber erkennt man den Wert von Wäldern, in denen Kinder spielen? Wie erfährt man, unter welchen Bäumen sich die Menschen am besten erholen? Was weiß man über die Lieblingsplätze von Joggerinnen und Joggern, von Radfahrerinnen und Radfahrern, wenn es um die Stadt-Wald-Planung geht?
Das sind die Fragen, die ein Forschungsteam der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) in Freiburg derzeit bewegen. Gemeinsam mit der Forstverwaltung in Stuttgart, Karlsruhe und aus dem Raum Mannheim arbeitet es an neuen Wegen, um diese Themen besser zu verstehen. Zwei Ideen stehen dabei im Mittelpunkt: Der Wald wird als Gesundheitsfaktor in seiner Bedeutung für das Klima, den Wasserschutz und die Luftreinheit ökonomisch bewertet. Vor allem aber erstellen die Forschenden gemeinsam mit den Menschen, die den urbanen Wald täglich nutzen, ein gemeinsames Bild ihres Waldes. Im Rahmen von Befragungen und Mit-Mach-Aktionen entstehen so Karten, die den sozialen und kulturellen Wert von Wäldern rund um die Städte in Baden-Württemberg differenziert darstellen.
„Wir müssen endlich den ganzen Wert des Waldes in den Blick nehmen, wenn wir über urbanen Wald reden. Dazu gilt es, vor allem die Brille der Waldbesuchenden aufzusetzen“, fordert Projektleiter Prof. Dr. Ulrich Schraml von der FVA. Derzeit beraten zum Beispiel mehrere Städte in Baden-Württemberg darüber, inwieweit sie dem erwarteten Zuzug von Neubürgerinnen und Neubürgern dadurch begegnen sollen, dass sie weiteren Wohnraum auf bisherigen Waldflächen schaffen. Die Rodung dieser Wälder am Stadtrand und sogar in den Städten selbst verändert aber die Lebensqualität der bisherigen Anwohnerinnen und Anwohnern. Eine politische Abwägung fällt schwer, da meist nur für den wirtschaftlichen und den ökologischen Wert von Waldflächen detaillierte Daten vorliegen. Der Wert des Waldes für die Gesundheit, die Naherholung und das Zusammenleben verschiedener Kulturen in der Stadt wird bislang nicht systematisch erfasst und kann daher in Planungsprozessen kaum berücksichtigt werden. „Wir erhoffen uns eine breite Diskussion mit den Bürgerinnen und Bürgern unserer drei Modellregionen. Unter dem Motto, wer will was im Wald, möchten wir mehr von den Menschen über deren Wertschätzung bestimmter Waldorte lernen. Nur so können dann auch die Forstleute, die vor Ort Verantwortung haben, diese Wünsche bei ihren Planungen berücksichtigen und die richtigen Themen im Kontakt mit den Waldbesuchenden aufgreifen“, meint Schraml.
Hintergrund:
In Baden-Württemberg besuchen jeden Tag rund zwei Millionen Menschen einen der vielen Wälder. Noch 1988 ist man von nur 700.000 waldbesuchenden Menschen an Spitzentagen ausgegangen. Der Wald ist damit zu einem der wichtigsten Erholungsräume im Land geworden. Insbesondere in den Ballungsräumen kommt den Themen Naherholung und Gesundheit eine zentrale Rolle zu. Das liegt zum einen an den bekannten physischen Wirkungen von Wald, da hier die Reinheit von Atemluft und Trinkwasser verbessert wird, aber auch ein effektiver Lärmschutz entsteht. Zum anderen sind psychische Wirkungen auf Regeneration und Wohlbefinden belegt, die den Wald im Vergleich zu innerstädtischen Freizeitangeboten deutlich überlegen zeigen.